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12. PLATZ IRONMAN 70.3 WM 2017

10 September 2017

– Rennbericht

Die IRONMAN 70.3 WM in Chattanooga sollte zu einem lehrreichen Rennen werden, in dem ich einiges über mich, den Sport und die USA lernen konnte. Ein wahres Highlight meiner sportlichen Laufbahn mit Sportsgrößen wie Javier Gomez und Sebastian Kienle in einem Event gestartet zu sein.

Das war sie also, die berühmt berüchtigte IRONMAN 70.3 Weltmeisterschaft (WM). Eine WM ist immer etwas besonders und vor allem, wenn sie in einem Land stattfindet, in dem man zuvor noch nie war. Genauer gesagt, lag der Austragungsort auch noch auf einem völlig anderen Kontinent, mit einer Zeitverschiebung von minus 6 Stunden. Die ersten Tage vergingen wie im Flug und durch eine Hotelbuchung etwas außerhalb von Chattanooga/Tennessee entgingen wir dem üblichen IRONMAN-Trubel. Mir kam das entgegen, da ich mich gerne von der Nervosität anderer anstecken lasse. Speziell bei IRONMAN-Veranstaltungen sieht man viele Triathleten, die ihr Highend-Material zu jeder Gelegenheit mitnehmen und präsentieren müssen. Etwas mehr Understatement würde dem Ein oder Anderen gut tun. Ähnliche Aufregung erlebte ich auch im Rennen – doch dazu später mehr. Am Renntag selbst, war ich sehr positiv gestimmt und fühlte mich bereit, für das größte Rennen meiner sportlichen Laufbahn.

 

Der schwere Griff nach den Sternen…

Die Profis starteten wie so oft in ihrem eigenen Rennen. Die Altersklassenathleten, unter denen auch ich mich befand, starteten in ihren Altersklassenwellen. So sprang ich mit ca. 210 weiteren Startern der Altersgruppe 24-29 um 09:04Uhr ins Wasser. Genauer gesagt, sprangen immer 10 Athleten im Abstand von 15 Sekunden in den Tennessee River, um die 2km lange Schwimmstrecke zu absolvieren. Der Kurs beinhaltete einige Tücken. So mussten wir den Fluss erst 200m durchqueren, um dann 800m gegen den Strom flussaufwärts und abschließend wieder mit dem Strom zum Landgang zu schwimmen. Die Strömung war herausfordernd, vor allem die Abschnitte, die quer zum Strom verliefen bereiteten mir Probleme. Doch noch viel herausfordernder war, dass die Altersgruppe, die fünf Minuten vor uns startete relativ bald vor uns auftauchte und ich mit einem Rückenschwimmer zu kämpfen hatte, der mich einfach nicht vorbeischwimmen lassen wollte. Diese Begegnung war leider nicht die Einzige! Es erging mir mehrfach so und damit erübrigt sich die Frage, ob mir das Schwimmen Spaß gemacht hat. Nein, es war einfach zu voll!
Mit einem schnellen Wechsel aufs Rad, wollte ich jegliche Fehlerquellen gering halten. Das gelang mir überraschend gut! Während ich den Neoprenanzug abstreifte, zog ich mir den Helm auf und war schon wieder unterwegs zu meinem Zeitfahrrad. Jetzt lag die große Unbekannte vor mir. Eine Radstrecke mit ca. 1000Höhenmetern auf 90 Radkilometern. Mein Ziel war es, mich gut zu verpflegen und clever zu „pacen“. Ich wollte vor allem bei meiner Ernährungsstrategie keine Fehler machen, damit ich beim abschließenden Halbmarathon keinen Einbruch erleide. Dieses Erlebnis hatte ich ein Jahr zuvor, bei meinem ersten 70.3 IRONMAN, meinem WM-Qualifikationsrennen in Pula, erlitten. Nach 5km ging es den ersten längeren Anstieg, mit zum Teil 10% Steigung hinauf. Ich hatte mir geschworen keine Attacken mitzugehen, mich auf keine Spielchen einzulassen, weil ich wusste, dass da noch etwas folgen sollte. Diese Einstellung war goldrichtig! Nachdem ich einige Athleten stolz an mir vorbeiziehen sah, blieb ich bei mir und ahnte, dass ich sie bald wiedersehen sollte. Nach dem ca. 4km langen Anstieg, zog sich das Gelände ca. 20km wellig dahin, bis es wieder in die Abfahrt gehen sollte. Das wellige Gelände wurde zu ständig wiederkehrenden Kurzanstiegen, die mit mind. 10% Steigung um die Kurve gingen. Schnell zeigte sich, wer am Berg zu Beginn der Radstrecke überzockt hatte. So konnte ich die ersten Athleten wieder einholen und Gewinn aus der „Ernährungs- und Pacingformel“ schlagen. Grinsend fuhr ich meinen Stiefel weiter und freute mich auf die lange Abfahrt Richtung Tal. Mein Bike rollte wie eine eins! Ich konnte mir das Lächeln auf den Lippen nicht verkneifen, als ich in der Abfahrt, auf meinem Oberrohr hockend, den Kopf auf meinen Extensions versteckt, an weiteren Athleten mit 80km/h vorbeirollte, die ich zu Beginn bewusst hab ziehen lassen. Ich sollte sie nie wiedersehen, dachte ich mir. Einige Kilometer später rauschte etwas von hinten an mich heran. Scheibenräder, in engem Abstand, bahnten sich ihren Weg durch die Massen und zogen an mir vorbei. Ich dachte, ich gucke nicht richtig, als eine Gruppe von 8 Mann, Rad an Rad, an mir vorbeischoss. Alle hatten Startnummern, die daraufhin deuteten, dass Sie in meiner Altersklasse um Ihre Plätze kämpften. In diesem Moment war ich stinksauer, da meine „Cleverness“, an den Bergen nicht zu hart zu fahren, nicht belohnt wurde. Im Gegenteil, ich sah mich der Situation ausgesetzt, einer 8 Mann Gruppe allein hinterher fahren zu müssen, die sich gegenseitig auch noch zu helfen schien. Doch im Moment meines Frustes kam ein Motorrad angefahren. Der Referee schaute sich die Situation genau an und verteilte nach ein paar Minuten zwei blaue Karten (Zeitstrafe). Dieses Manöver sorgte zeitweise für ein faireres Fahrverhalten meiner Konkurrenz. So konnte ich schnell wieder an den Strategen vorbeiziehen. Doch kaum war das Motorrad verschwunden, klebten mir wieder drei Jungs im Nacken. In diesem Moment wollte ich nur noch auf meine Laufstärke vertrauen und versuchte locker zu bleiben.

 

Ich stieg vom Rad ab, holte mir meinen Beutel mit den Laufsachen und lief in den Wechselbereich. Hier bahnte sich ein alt bekanntes Leid an. Ich bekam wie so oft den Beutel nicht auf. So fummelte ich vergeblich an der Kordel herum, bis ich schlussendlich mit den Zähnen die Tüte aufriss. Die Windschattenfahrer hatten es nun wieder geschafft, den Anschluss zu gewinnen und rannten mit mir aus der Wechselzone. Dann begann „das Leiden des jungen Aljoscha’s“! Vier Wochen vor der WM absolvierte ich beim Frankfurt City Triathlon noch eine ähnliche Distanz und war mit einem abschließenden 20 Kilometerlauf in 1:12 Stunde sehr zufrieden. Beim loslaufen erinnerte ich mich an dieses Gefühl, doch die Beine wollten nicht, wie ich wollte. Ich sagte mir, dass das Rennen noch lang ist und auf einem Halbmarathon dieser Güteklasse noch einiges passieren kann. Daraufhin kam die Info: 4:30min auf Platz 1 – 14. Platz! Wenige Kilometer später stand ich im ersten steilen Anstieg und die Beine waren dicht. Selbst die Bergabpassagen dienten mir nicht mehr als Erholung, sodass ich im nächsten Anstieg nur noch froh war, auf der Kuppe angekommen zu sein. Leider wusste ich, dass ich diesen Kurs zweimal laufen musste. Mit jedem Kilometer mehr wurden die Beine schwerer, der Kopf war bereit mehr herauszuholen, doch die Motorik ließ keinen vernünftigen Schritt zu. Zu meiner Aufmunterung konnte ich den ein oder anderen Windschattenfahrer noch einsammeln. Vermutlich hatten sie sich läuferisch etwas überschätzt und die Laufstrecke, mit ihren 300Hhm wohl unterschätzt. Doch für eine Aufholjagd war an diesem Sonntag scheinbar zu wenig Treibstoff im Tank. Eine Erklärung dafür habe ich bis heute noch nicht. Doch eines weiß ich sicher, das war nicht mein bestes Rennen! Am Ende wurde ich insgesamt 68er in 4:22Stunden sowie 12. in meiner Altersklasse (24-29). Wenn man das Ergebnis nüchtern bewertet, sollte man sicherlich mit einem 68. Platz von 4.500 Startern zufrieden sein. Zudem habe ich mir keine Fehler erlaubt, mich taktisch clever und fair verhalten. Doch in der ersten Analyse fällt mir auf, dass ich das Rennen vor allem im Laufen verloren habe, meiner unter normalen Umständen besten Disziplin. Dieser Umstand ärgert mich und motiviert mich für Zukünftiges.

Mund abputzen und weitermachen!

Euer Ali

 

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